Rückblick auf die Vorstandsarbeit von 2016 bis 2021

Bericht des Vorsitzenden Dr. Thomas T. Müller

Es ist ein eigentümliches Gefühl, einen Rückblick zu verfassen im Wissen, dass derselbe den Adressaten vorerst nicht persönlich übermittelt werden kann. Doch an eigentümlichen Dingen hat es in den vergangen beiden Jahren wahrlich nicht gemangelt. Erstmals in der nun bereits 20-jährigen Geschichte der Thomas-Müntzer-Gesellschaft musste 2020 unsere Jahresversammlung ausfallen. Die Pandemie hielt die Welt in Atem.

An jenem Tag, an dem wir eigentlich in Mühlhausen zusammengekommen wären, bangte ich um meinen Freund Dr. Giacomo Bernobi und die seinen, die in Bergamo mit der Seuche rangen. Dr. Bernobi hatte sich auf den bereits im 2019 angekündigten Vortrag in Mühlhausen gefreut und wir wollten zusammen den Geheimnissen von Müntzers vermeintlichem Schwert auf den Grund gehen. Doch alles kam anders, und 12 Monate später müssen wir unsere Jahrestagung erneut verschieben. In einer Telefonkonferenz, auch dies war eine pandemiebedingte Neuerung, beschloss der Vorstand, dass der Rechenschaftsbericht des Vorsitzenden dennoch pünktlich zur in diesem Jahr geplanten Jahrestagung auf der Homepage der Gesellschaft veröffentlicht werden solle.

So will ich den Versuch unternehmen, einen kurzen Rückblick auf die vergangenen fünf Jahre zu geben: Der 28. Mai 2016 war ein einschneidender Tag, denn mit der Entscheidung, nicht noch einmal für den Vorsitz zu kandidieren, trat mit Prof. Hans-Jürgen Goertz (Vorsitzender 2008-2016) nach Prof. Günter Vogler (Vorsitzender 2001-2008) der zweite Protagonist aus der Gründungsphase unserer Gesellschaft in die zweite Reihe. Gemeinsam mit dem auf eigenen Wunsch zeitgleich aus dem Vorstand ausscheidenden Prof. Dr. Siegfried Bräuer waren sie die verdienstvollen Gründungsväter der TMG und hatten dessen Geschicke entscheidend geprägt.

Neu in den Vorstand gewählt wurde an diesem Tag Dr. Antje Schloms, die den Posten des nun zum neuen Vorsitzenden gewählten Thomas T. Müller als Schriftführerin übernahm. Als Kassenwart fungierte bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2018 weiterhin Hans-Gerd Jöhring, danach übernahm Sarah Lösel (verh. Pönicke) das verantwortungsvolle Amt. Neben Prof. Goertz (2. Vorsitzender) erhielten außerdem Prof. Vogler, Dr. Gunter Görner und Martin Sünder das Mandat der Mitglieder für ihre weitere Arbeit im Gremium.

Als erste Aufgabe nahm sich der Vorstand in den folgenden Jahren die Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit vor. So erfolgten u.a. die komplette Neugestaltung der Homepage www.thomas-muentzer.de sowie der Entwurf und Druck eines Informationsblattes über die TMG, zudem ließ der Vorstand ein Roll-Up anfertigen, dass erstmals zur Mitgliederversammlung am 13. Mai 2017 präsentiert werden konnte und fortan noch mehrmals bei öffentlichen Anlässen zum Einsatz kam. Auch in die überregionale wie die lokale Diskussion um Thomas Müntzer und den Bauernkrieg mischt sich die TMG weiterhin ein. So führte der Vorsitzende in den vergangenen Jahren mehrfach Gespräche zu den verschiedensten Themenbereichen, unter anderem als die Fraktion „Die Linke/Bündnis 90/Grüne“ im Mühlhäuser Stadtrat einen Antrag zur Rückbenennung der Kommune in „Thomas-Müntzer-Stadt Mühlhausen“ stellte. Allerdings wurde der Antrag damals noch vor der Abstimmung zurückgezogen. Mehr Erfolg verspricht hingegen ein Vorhaben des Rotary Clubs Mühlhausen zur realen Umsetzung der von Albrecht Dürer entworfenen Bauernkriegssäule. So soll in den kommenden Wochen eine erste künstlerische Studie in Auftrag gegeben werden. Auf der Grundlage eines Beschlusses der Mitgliederversammlung vom Mai 2019 gab der Vorstand hierfür inzwischen einen Zuschuss in Höhe von 500,00 € frei.

Natürlich stand im Berichtszeitraum erneut vor allem die aktuelle Forschung zu unserem Themenkreis im Fokus der Aktivitäten. Anlässlich des Reformationsjubiläums 2017 fiel diese etwas größer als in den Vorjahren aus und war in Form einer kleinen Tagung ausgerichtet. Der als Eröffnungsredner vorgesehene Prof. Dr. Hans-Jürgen Goertz (Hamburg) war allerdings krankheitsbedingt verhindert, so dass sein Vortrag zum Thema „Gegenwart Gottes, Herrschaft und Gewalt in der Fürstenpredigt Thomas Müntzers“ verlesen werden musste. Im Anschluss referierte Schwester PD Dr. Nicole Grochowina (Erlangen) über „Hans Huts Sicht auf die Gewaltfrage“. Der Beitrag des ebenfalls erkrankten Dr. Alejandro Zorzin (Göttingen) widmete sich „Andreas Karlstadts Verhältnis zur Gewaltfrage“ und Prof. Dr. Andreas Lindner (Erfurt) sprach schließlich über „Luthers und Melanchthons Rezeption der Täuferbewegung“.

2018 präsentierten Prof. Dr. Joachim Bauer (Jena) und PD Dr. Stefan Michel (Leipzig) aufschlussreiche neue Forschungen zu den „Reformationsvorstellungen im ernestinischen Kurfürstentum zwischen Luther und Müntzer“ und 2019 stellte Prof. Dr. Günter Vogler unter dem Titel „Thomas Müntzer – ein Märtyrer?“ Überlegungen zu einer bis dahin nicht edierten Handschrift vor, in welcher Müntzer in die Reihe der frühen Märtyrer der Täuferbewegung gestellt wird. 2020 schließlich erschien in der Reihe der TMG unter dem Titel „Nähe Gottes und Veränderung der Welt“ ein Sammelband mit Aufsätzen von Prof. Dr. Hans-Jürgen Goertz (Hamburg) zu Thomas Müntzer und den Täufern. Zudem unterstützte die TMG in den vergangenen Jahren noch weitere Forschungsprojekte, wie die bislang umfangreichste Geschichte des Müntzerbildes und der Müntzerforschung vom 16. bis zum 21. Jahrhundert, welche in zwei Bänden in den Jahren 2019 und 2021 erschien. Als Mitherausgeber bzw. Autoren engagierten sich gleich mehrere Vorstandsmitglieder für den Sammelband „Reformation und Bauernkrieg“, der 2019 im Böhlau-Verlag erschienen ist. Er vereinigt die Beiträge einer gleichnamigen Tagung, die die Historische Kommission für Thüringen gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Thüringische Landesgeschichte an der Universität Jena und den Mühlhäuser Museen im Jahr 2017 im Bauernkriegsmuseum Kornmarktkirche in Mühlhausen organisiert hatten.

Immer wieder waren Vorstandsmitglieder auch zu Vorträgen unterwegs, um auf Müntzer und sein Wirken hinzuweisen und den zahlreichen lutherzentrierten Veranstaltungen rund um das Reformationsjubiläum etwas entgegenzusetzen. Doch es gab auch erfreuliche Ansätze: So beschäftigte sich z.B. die Luther-Akademie Sondershausen-Ratzeburg in ihrer Herbsttagung vom 16. bis 18. September 2019 mit Thomas Müntzer. Im Mittelpunkt der Zusammenkunft, zu der gleich zwei Vorstandsmitglieder der TMG als Referenten geladen worden waren, stand die Frage nach dem Verhältnis von Religion und Gewalt. Natürlich war Thomas Müntzer auch andernorts immer wieder ein wichtiges Thema. Allein der Vorsitzende war in den vergangenen fünf Jahren u.a. zu Vorträgen in Braunschweig, Berlin, Halle, Göttingen, Memmingen und Dresden, aber auch in Korea, Italien und der Tschechischen Republik eingeladen. Vermutlich wird das Interesse an Müntzer und dem Bauernkrieg in den kommenden Jahren bis 2025 immer weiter zunehmen. Auch die TMG wird dabei weiterhin ein gefragter Ansprechpartner sein. Doch aktuell konzentrieren sich die Planungen des Vorstandes erst einmal auf diesen Herbst. Denn, wenn es möglich ist, wollen wir am 25. September 2021 endlich wieder zu einer Jahresversammlung in Mühlhausen zusammenkommen. Geplant ist dann auch die bereits zweimal verschobene Neuwahl des Vorstandes. Als Referentin soll an diesem Tag Frau Dr. Marion Dammaschke (Erkner) über „Thomas Müntzer in der modernen Prosa“ sprechen. Der eigentlich bereits für 2020 geplante Vortrag von Dr. Giacomo Bernobi (Bergamo) und Dr. Thomas T. Müller zu Müntzers Runenschwert wird auf das Jahr 2022 verschoben.

Mühlhausen, am 15. Mai 2021